Auf: Jostein Mosnes
Foto: Hans Bøvre |
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Letzten Winter hatte das kunstinteressierte Norwegen Gelegenheit, an einer besonders spannenden Ausstellung teilzunehmen. Nach längerer Zeit in freiwilligem innerem Exil entschloß sich der norwegische Künstler Pushwagner, im Kunstverein Skien Einzug zu halten.
Die Wirkung dieser künstlerischen Auferstehung konnte sich sehen lassen. Die Presse aus der Hauptstadt mobilisierte ihre gehobenen Kulturkanonen. Die Nachrichtenredaktion "Dagsrevyen" ließ Saddam Hussein in Bagdad für eine Weile ruhen und widmete statt dessen ein paar Minuten dem apokalyptichen Ausdruck Pushwagners. Im Laufe dieses Jahres werden die Ausstellungsfächen im Høvikodden Kunstzentrum bereitgestellt. Im Alter von 50 Jahren ist Pushwagner zum "heißen Stoff" geworden.
Hauptinhalt der Ausstellung ist die Bildreihe "Ein Tag im Leben der Familie Mann", die unwillkürlich die Gedanken in Richtung Aldous Huxleys 'Schöne neue Welt" lenkt. Ein Narrenspiegel unserer Zivilisation. Das Naive und Groteske, beziehungsweise die konkrete Welt und die unserer Fantasie, auf höchst wunderliche Art vereint. Wir werden überwältigt von kandierten Betonungen - Gestalten in der enthumanisierten Gewalt der Technokratie. Die Pastelltöne der Schreckensvisionen erzeugen eine weitere absurde Wirkung: nach einer Weile stimmt das zarte Farbenspiel den Betrachter etwas versöhnlicher. Die harte, fiktive Welt berührt uns plötzlich ganz zärtlich. Auf frappierende Weise läßt der Künstler dem Publikum die Freiheit der Wahl. Ob das, was wir betrachten, Paradies oder Untergang sei, sieh mal an, das liegt ganz bei uns selbst.
In einem anderen, neueren Werk ist die Sprache des Künstlers entschieden eindeutiger. Mit millimetergenauer Präzision läßt er die Welt in einer Mischung von Star Wars und Johannes Offenbarung explodieren. Wir fangen an, uns ernsthaft zu fragen, wer dieser Pushwagner eigentlich sei. Getauft wurde er auf den Namen Terje Brofoss. Geboren ist er im Jahr 1940 in Oslo. Der Künstlername ist eine ureigene Erfindung aus der Hippie-Epoche. Hariton steht für Hare Krishna, Pushwagner ist eine unterschwellige Allegorie auf die Einkaufswägelchen im Supermarkt - ein hippiesublimierter Seitenhieb auf die Konsumgesellschaft.
1959 hatte Brofoss seine Ausbildung an der Staatlichen Schule für Handwerk und Kunstgewerbe abgeschlossen. Noeb im selben Jahr unternahm er eine Studienreise nach Spanien und Marokko, der die 'obligatorische" Studienreise nach Italien folgte, woraus sich für ihn aber keine langwährende Vertiefung in die römische Kultur ergab. Von der Hafenstadt Trieste führte der Weg alsbald nach Beirut, wo ein Europäer damals, als der islamische Fundamentalismus noch fast genauso fernzuliegen schien wie die in Europa einst zur Hexenverbrennung errichteten Scheiterhaufen, mit freundlicher Neugierde empfangen wurde.
- Die maurische und arabische Mosaikkunst inspirierte mich, und zweifellos wurde ich von ihr beemflußt. Nicht was die Motive betrifft, aber die Kraft ihres imponierenden Reichtums an Details blieb nicht ohne Wirkung. Details als Ausdruk der professionellen, handwerklichen Fähigkeit des Künstlers. Für mich ist Perfektion besonders wichtig!
Zwanzig Jabre lang ist sein Hauptwerk 'Ein Tag im Leben der Familie Mann' Brofoss gefolgt wie ein pflegebedürftiges Kind. Schon 1980 unternahm er mit einer Ausstellung auf Høvikodden einen Versuch, sich davon zu befreien, wobei das Interesse eher mäßig war. 1988 befand er sich gerade im Chelsea Hotelgebiet in New York, als er diesem Werk seine jetzige Gestalt verlieh. Die Serie erregte Aufmerksamkeit in amerikanischen Kunstkreisen. Doch Brofoss hatte keinen Dollar dafür übrig, eine Ausstellung zu finanzieren. Somit wurde einem bedeutenden Werk zeitgenössischer norwegischer Kunst ein Platz hier zu Hause gesichert.
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